Rush Hour – pendeln mit den Inlinern

Juni 17, 2024

Köln ist nicht gerade für seinen flüssigen Berufsverkehr bekannt. Kein Wunder, dass Pendler Alternativen suchen.

Ein Beitrag von

subzeroes Magazin – Mai 2024

Der Charme von Köln liegt auch darin, dass man immer und überall sofort nette Leute kennenlernt, während man immer und überall im Stau steht.
Wer darauf keine Lust mehr hat, dem stehen unzählige andere Möglichkeiten zur Verfügung, am Berufsverkehr teilzunehmen.
Die ungewöhnlichste Variante nutzt unser Gesprächspartner Daniel: Inliner!

Hallo Daniel, du fährst mit Inlinern zur Arbeit. Wie fing das an?
Ich hatte weder Fahrrad noch Auto und musste schnell ins Büro.

Seit wann machst du das so?
Seit meinem Studium … vor über 20 Jahren.

Wie lange fährst du und wie viele Kilometer sind das?
Ca. 15 km pro Wegstrecke. Wie lange es dauert, kommt darauf an, ob der Wind von hinten oder von vorne kommt; höchstens aber eine Stunde.

Wenn du nicht mit den Inlinern fährst, wie kommst du dann zur Arbeit? Wie lange brauchst du dann?
Fahrrad (40 Minuten); Joggen (1,5 Std.); Bahn (unberechenbar).

Fährst du auch privat viel Inlineskates?
Ab und zu schon. Gerade freue ich mich darauf, in meinem Urlaub in New York im Central Park zu fahren.

Fährst du bei jedem Wetter, oder nur, wenn es auch trocken ist?
Früher bei jedem Wetter, außer Eis und Schnee. Dann wird’s doch ein bisschen sehr rutschig. Inzwischen fahre ich aber nur noch, wenn die Straße trocken ist, sonst nehme ich das Fahrrad. Das geht dann deutlich schneller.

Wann wäre ein guter Zeitpunkt für „Neu-Skater
und -Skaterinnen“, um damit zu starten?

Am besten so früh wie möglich! Als Kind lernt man neue Bewegungsmuster einfach viel leichter. Meine Jungs spielen beide Inlinehockey und fahren jetzt schon Lichtjahre besser als ich.

ABER es ist nie zu spät! Ich kenne einige Leute, die erst im Erwachsenenalter mit dem Skaten begonnen haben. Dann aber bitte immer mit Protektoren und Helm! Übrigens: Das Erste, was man üben und lernen sollte, ist nicht das Fahren, sondern richtig zu fallen.

Wie reagieren die anderen Verkehrsteilnehmer auf dich? Kennt man dich hier schon?
Oft ein bisschen mit Erstaunen und Neugier. Man sieht einfach nicht viele Inlineskater auf der Straße. Besonders verdutzt sind Fahrradfahrer, wenn ich sie auf dem Weg überhole.

Es passiert mir auch immer wieder, dass mich Freunde und Bekannte unterwegs im Auto – auch auf dem Weg zur Arbeit – sehen. Man fällt einfach auf, als Inlineskater.

In der Nachbarschaft mache ich vielen ein schlechtes Gewissen, denen bewusst ist, dass sie sich eigentlich auch mehr bewegen sollten, es aber nicht schaffen, ihren inneren Schweinehund zu überwinden.

Gibt es mehr Leute, die mit Inlinern zur Arbeit fahren?
Habe noch nie einen getroffen.

Duschst du dann vor Ort? Wie organisierst du dich mit Ersatzklamotten?
Dusche haben wir keine im Büro. Ich habe das große Glück, dass ich sehr wenig schwitze. Da reicht dann eine Katzenwäsche auf der Toilette. Vielleicht sind meine Kollegen auch nur sehr tolerant. Ich habe bisher aber noch keine Beschwerden wegen irgendwelcher durch mich verursachter Geruchsbelästigungen bekommen.

Glücklicherweise haben wir einen Lagerraum, in dem ich meine Sportklamotten trocknen kann und in dem ich auch ein paar Ersatzklamotten habe.

Gibt es Stellen auf deinem Arbeitsweg, wo du dich nicht so sicher fühlst?
Die in Köln bei Radfahrern berühmt-berüchtigte Venloer Straße, die eigentlich auf meinem direkten Weg nach Hause liegen würde, umfahre ich. Der Radweg ist einfach zu eng und zu gefährlich. Außerdem nur durch auf den Boden gemalte Linien vom motorisierten Verkehr getrennt.

Welchen Abschnitt magst du auf deinem Arbeitsweg am liebsten?
Alle Abschnitte mit Rückenwind. Besonders gerne fahre ich aber natürlich über Feldwege, wo es ruhig ist und sonst kein Verkehr um mich herum fließt.

Welche Infrastruktur würdest du dir wünschen?
Ausbau und Modernisierung des Radwegenetzes. Gerne auch farblich abgesetzte Radwege, damit sie auch vom Autoverkehr als solche wahrgenommen werden.

Und meine persönliche Inlineskater-Utopie: Überall samt-weichen „Babypopo-Asphalt“.

Hast du schon Leute gefunden, die mit dir fahren?
Nein, ich fahre eigentlich immer allein. Mag eventuell auch daran liegen, dass ich in der Regel schon morgens um 6:00 Uhr losfahre.

Was sagt dein Bekannten- und Freundeskreis dazu?
Die üblichen Reaktionen sind Respekt und ungläubiges Staunen. Und natürlich bin ich das wandelnde schlechte Gewissen für alle, denen bewusst ist, dass sie sich eigentlich auch mehr bewegen sollten.

Equipment

Welche Inlineskates hast du? Bist du damit zufrieden?
Nichts Besonderes, normale K2 Fitness-Inliner.

Fährst du mit Schützern und Helm? Was braucht man aus deiner Sicht dafür?
Auf jeden Fall Helm und Protektoren für Handgelenke, Ellbogen und Knie. Wenn man wie ich längere Strecken fährt, braucht man dann schon auch die passenden Sportklamotten … ähnlich wie beim Radfahren.

Hast du Wechselklamotten im Rucksack oder im Büro?
Manchmal nehme ich Wechselklamotten im Rucksack mit. Ich habe aber für alle Fälle immer ein paar Ersatzklamotten im Büro.

Fährst du auch bei Dunkelheit?
Ja, gerade in den Wintermonaten fahre ich sehr oft in der Dunkelheit. Dafür habe ich den Mercedes unter den Stirnlampen … die Piko von Lupine. Damit mache ich die Nacht zum Tag und übersehe kein Stolpersteinchen auf dem Weg.

Dann wünschen wir dir weiterhin angenehmes Pendeln und danke für das Gespräch!
Nichts zu danken, gerne.

Interview: Svenja Lenz
Fotos: Andrea Krupka

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