Mit der Diskussion um das Aus vom Verbrenner-Aus rückt ein Projekt von VW wieder in den Blickpunkt: der Ausbau von Salzgitter zur ersten Batteriezellenfabrik. Ein deutlicher Schritt Richtung E-Mobilität und Bekenntnis zum Standort Europa.
Salzgitter war lange so etwas wie die mechanische Herzkammer des Volkswagen-Konzerns: Seit 1970 liefen dort Motoren in Serien vom Band – mehr als 65 Millionen Aggregate für Marken von Volkswagen Pkw über Audi und ŠKODA bis hin zu Bugatti. Jetzt bekommt der Standort eine neue Rolle: Aus dem klassischen „Leitwerk Motor“ soll ein Zentrum für Batteriezellen werden – ein Umbau, für den Volkswagen rund zwei Milliarden Euro in die Transformation investiert.
Der Wandel ist nicht nur ein Etikettenwechsel, sondern ein kompletter Kurswechsel in Richtung Elektromobilität. Während in Salzgitter weiterhin Motorenvarianten und Motorkomponenten gefertigt werden, hat sich das Werk im Zuge der E-Offensive bereits auf Schlüsselbauteile des E-Antriebs spezialisiert: Rotor und Stator – die elementaren Komponenten des Elektromotors, die in Fahrzeugen der ID.-Familie eingesetzt werden. Parallel schreitet, so beschreibt es Volkswagen, der Rückbau konventioneller Fertigung „langsam, aber sicher“ voran. Digitale Lösungen und moderne Produktionstechnologien sollen die Abläufe effizienter machen.
Herzstück der neuen Batteriewelt ist die 2022 gegründete PowerCo SE, in der Volkswagen sein globales Batteriegeschäft bündelt – mit Hauptsitz in Salzgitter. Von hier aus sollen Entwicklung und Produktion von Batteriezellen gesteuert werden, inklusive einer stärker vertikal integrierten Wertschöpfungskette. Der Plan ist groß: PowerCo baut derzeit drei standardisierte Zellfabriken mit einem Gesamtvolumen von bis zu 200 Gigawattstunden pro Jahr auf – in Salzgitter, in Valencia (Spanien) und in St. Thomas (Kanada). Produziert werden soll überall dasselbe Produkt, die sogenannte Einheitszelle; hochgefahren wird modular, in Schritten von jeweils 20 GWh – je nachdem, wie sich der Bedarf entwickelt.
Bemerkenswert ist dabei, wie stark Volkswagen den Umbau als Bildungs- und Qualifizierungsprojekt begreift. Am Standort sitzt auch das „Center of Excellence Battery“ (CoE), eine Schnittstelle zwischen Konzernmarken und Zelllieferanten wie PowerCo. Und: Die Belegschaft wird gezielt auf neue Aufgaben vorbereitet – mit speziell zugeschnittenen Schulungen und Informationsformaten. Selbst die Ausbildung bekommt ein Update: Seit September 2022 bildet Salzgitter erstmals Chemielaborantinnen und Chemielaboranten aus; dazu kommen duale Studiengänge in Chemie und Chemieingenieurwesen. Bis zum Start der Batteriefertigung sollen rund 80 intern ausgebildete Chemie-Fachexpert*innen an Bord sein.
Für das Werk, das einst als Fahrzeugwerk für den K70 gebaut wurde und sich ab 1975 auf Motoren und Motorkomponenten konzentrierte, ist das die nächste große Evolution – nach 50 Jahren Industriegeschichte und einem Jubiläum im Sommer 2020. Heute geht es in Salzgitter nicht weniger als um die Frage, wie Deutschland Industriekönnen in die elektrische Zukunft übersetzt: mit Investitionen, mit standardisierter Zellproduktion – und mit einer Qualifizierungsoffensive, die aus klassischen Produktionsjobs neue Hightech-Berufe macht.
Wenn der Plan aufgeht, wird Salzgitter mehr als ein Standort im Konzernnetz: ein Scharnier zwischen alter Stärke und neuer Wertschöpfung. Oder anders gesagt: aus dem Motorenwerk wird ein Ort, an dem nicht nur Teile entstehen – sondern Zukunftskompetenz.




