Song der Woche: Fontaines D.C. – Desire

von | Sep. 12, 2025

Neon-Schrift mit den Wörtern Desire, Need, Dream, Hope und Human – visuelle Symbolik zum Fontaines D.C. Song ‚Desire‘ aus dem Album ‚Romance‘.

Fontaines D.C. ist eine irische Post-Punk-Band aus Dublin. Die fünf Mitglieder – Grian Chatten (Gesang), Conor Curley (Gitarre), Conor „Deego“ Deegan III (Bass), Tom Coll (Drums) und Carlos O’Connell – machen seit 2014 gemeinsame Sache, nachdem sie sich am BIMM Dublin Music College kennengelernt haben.

2019 erschien das erste Album Dogrel, das direkt für den Mercury Prize nominiert wurde. Der Name spielt auf „Doggerel“ an: eine einfache, oft aus der Arbeiterklasse stammende Poesie. Genau das liefern auch Fontaines D.C.: Texte, die wie moderne Gedichte über Dublin wirken, in Musik gegossen. Die Songs reichen von roh, bildhaft und intensiv bis hin zu verwirrend, melancholisch und sensibel.

Inzwischen folgten mit A Hero’s DeathSkinty Fia und dem aktuellen Werk Romance drei weitere Alben, die den Aufstieg der Band weiter beschleunigten. Mit Romance hat sich der Sound spürbar erweitert: Während die ersten Platten noch stärker im klassischen Working-Class-Post-Punk verankert waren, hört man nun Synthesizer, dichte Atmosphären und fast schon filmische Klangbilder. Vocals und Instrumente ertrinken im Hall, Samples und Hip-Hop-inspirierte Sounds tauchen auf der Leadsingle Starburster auf. Und doch: dank Grian Chattens unverkennbar irischer Stimme und seinen Texten bleibt es eindeutig Fontaines D.C.

Auch die Themen haben sich verändert. Weg von stark Irland-zentrierten Inhalten, widmet sich Romance abstrakteren Stimmungen. Leitmotiv ist das Gefühl der „Romance“, ohne, dass daraus ein Album voller Liebeslieder würde. Vielmehr dient Liebe als konzeptionelles Dach: Jeder Song entwirft eine Szene – Desillusion, Selbstzerstörung, Vergänglichkeit, Isolation, Absurdität, Sehnsucht – und stellt die Frage, wie sich inmitten dieser Brüche Romantik finden lässt.

Was will uns Fontaines D.C. mit ihrem Song sagen?

Der Song Desire ist das letzte Kapitel der Romance-Ära. Das Musikvideo wurde mit Material der gleichnamigen Tour gedreht, vorausschauend extra für diesen Song gesammelt. Inhaltlich geht es um mehr als nur romantische Sehnsucht: Desire verhandelt existenziellen und gesellschaftlichen Druck, Identitätsstress und die Spannung zwischen dem „wer ich sein möchte“ und dem „wer ich geworden bin“.

I see them driving into nothing where the nothing is sure / They drown their wishes in the fountain like their fathers before.“ Menschen fahren einem sicheren Nichts entgegen, Wünsche werden im Brunnen ertränkt. Metaphorisch bedeutet das: Träume und Hoffnungen werden geopfert, vielleicht weil man nicht weiß, wie man sie erreichen soll. „Wie ihre Väter vorher“ verweist auf ein generationenübergreifendes Problem: Ist unerfüllte Sehnsucht Teil unserer DNA oder einfach ein Verhalten, das wir weitergeben?

Sehnsucht kann verletzen, wenn Träume unerfüllt bleiben. Aber ohne sie gäbe es keinen Antrieb, überhaupt welche zu verfolgen. Vielleicht sollte man das Gefühl akzeptieren, statt es zu ersticken – auch wenn man das Ziel nie erreicht. Oder, um Albert Camus zu zitieren: „Der Kampf selbst hin zu den Höhen ist schon genug, um das Herz eines Menschen zu erfüllen“.

Ein Beispiel macht das greifbar: Angenommen, ich will Autor werden und ein Buch bei einem Verlag veröffentlichen. Die Chancen sind gering – nur ein Bruchteil der Manuskripte schafft es überhaupt. Es ist also höchst unwahrscheinlich, dass sich der Wunsch im Laufe meines Lebens erfüllen wird. Auf der anderen Seite ist es sehr wahrscheinlich, dass ich viel Zeit meines Lebens mit der Sehnsucht nach dem Wunsch verbringen werde.

Allein schon aus statistischer Sicht spielt die Sehnsucht in unserem Leben eine viel wichtigere Rolle als die eigentlichen Endziele: Mit ihr verbringen wir wahrscheinlich Jahrzehnte. 

Jeder Mensch, der Wünsche hat, empfindet Sehnsucht und das ewige Ringen damit ist kein Scheitern, sondern das, was uns lebendig macht. Desire ist ein Teil von uns, zutiefst menschlich, und sollte nicht unterdrückt, sondern intensiv durchlebt werden. Am besten, während man dabei Romance hört und sich nach dem nächsten Projekt von Fontaines D.C. sehnt.


Wer noch mehr Songs der Woche finden möchte, kann dies über diesen Link hier tun. Aber Achtung: der Musikgeschmack unserer Redaktion ist manchmal besonders.


Text: Tom

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