Gut für die Gesundheit – und gut fürs Klima: Wenn wir alle so viel Radfahren würden wie die Holländerinnen und Holländer, würden wir jährlich 690 Tonnen CO2 einsparen. Aber warum fahren Holländerinnen so gerne mit dem Rad? Ist das einfach landestypisch? Liegt es an den Genen? Und hat Holland so tolle Radwege, weil die Einwohner gerne Rad fahren, oder fahren sie gerne Fahrrad, weil die Radwege so toll sind? Diese Frage erinnert ein bisschen an die Henne und das Ei, ist aber viel leichter zu lösen. Die Antwort suchten wir bei Menschen aus dem Ausland, die in Holland leben, und fanden in Den Haag Fabrizio aus Mexiko.
Wir verabreden uns mit Fabrizio mitten in der Stadt an der „Bosbrug“. Mit Blick auf die Skyline für das Großstadtfeeling. Den Haag hatten wir gewählt, weil die Stadt als Regierungssitz einen sehr hohen Anteil an Bewohnerinnen und Bewohnern verschiedenster Nationalitäten hat. Schließlich waren wir mit der Theorie angereist, dass vor allem die fahrradfreundliche Infrastruktur dafür verantwortlich ist, dass in Holland so viel Fahrrad gefahren wird. Wenn das stimmt, könnte das ein übertragbares Modell für die deutsche Verkehrswende sein.
Als ortskundige und erfahrene Den-Haag-Besucher beschließen wir einstimmig, mit dem Fahrrad zum Treffpunkt zu fahren. Die Fotoausrüstung gleichmäßig auf zwei Rucksäcke verteilt, fahren wir vom etwas außerhalb gelegenen Hotel durch den „Haagse Bos“ in Richtung Innenstadt. Für diese Strecke, die nicht durch verwinkelte Gassen, sondern entlang von Ausfallstraßen führt, zeigt Google Maps einen leichten Geschwindigkeitsvorteil für das Auto. Doch wohin damit in der Innenstadt? Parkplätze sind Mangelware und das nächste Parkhaus ist so weit entfernt, dass der Vorteil gleich mehrfach wieder verloren wäre. Dann doch lieber stressfrei und gut gelaunt durch einen Stadtpark radeln, der eher wie ein tiefer Wald wirkt.
Am „Paviljoen Malieveld“ treffen wir auf unseren Gesprächspartner Fabrizio aus Mexiko.
Hallo Fabrizio, schön, dich kennenzulernen. Prima, dass das geklappt hat. Wie per Whats-App schon geschrieben: Wir kommen von einem deutschen Magazin für Klimaschutz und Nachhaltigkeit und würden von dir gerne ein bisschen was über Radfahren in Holland und ganz speziell in Den Haag erfahren. Speziell als Ausländer. Erzähl uns doch mal, wo du herkommst, wo du schon überall warst und wie es dich hierher verschlagen hat? Du kommst aus Mexiko?
Ich wurde in Monterrey geboren und zog ziemlich früh mit meinen Eltern nach Saltillo, wo ich bis zu meinen Teenagerjahren lebte. Das liegt alles im Norden Mexikos. Dann wohnte ich sieben Jahre lang in Mexiko-Stadt, wo ich mein Studium absolvierte. Danach lebte ich noch für ein halbes Jahr in Furtwangen, das ist im Südwesten Deutschlands. Und jetzt bin ich seit einem Jahr in Den Haag.
Du fährst natürlich Rad wie alle anderen in den Haag. Warum ist das so? Und hast du das früher auch gemacht?
Nun, für mich ist es die perfekte Art der Fortbewegung. Es ist billig, praktisch, umweltfreundlich und man ist aktiv. Ich muss auch sagen, dass die Städte hier so gebaut sind, dass es für jeden leicht ist, Rad zu fahren. Das ist an anderen Orten, an denen ich gelebt habe, nicht der Fall.
Du hast dich angepasst und fährst wie alle hier ohne Helm?
Ich würde aber euren Lesern nicht raten, keinen Helm zu tragen 🙂 Aber die Radwege sind hier an den meisten Orten so gut ausgebaut und durchdacht, dass ich nie das Bedürfnis hatte, einen Helm zu tragen. Vor allem nicht für die Art und Weise, wie ich das Fahrrad benutze: relativ kurze Strecken und nicht unbedingt hohe Geschwindigkeit.
Und die Sicherheit?
Nein, für mich ist es das gleiche Gefühl, als würde ich zu Fuß gehen. Abgesehen von der Infrastruktur habe ich das Gefühl, dass die Gesellschaft hier im Straßenverkehr sehr klar Fahrräder (und Menschen) über Autos und Motorräder priorisiert. Deutlich wird das zum Beipiel bei Kreuzungen.
Es gibt ja diese typischen Hollandräder, die man hier auch sehr oft sieht. Deins sieht anders aus, warum?
Ich wollte ganz bewusst kein neues Fahrrad aus dem Laden, denn die sind natürlich teurer und es gibt schon zu viele Fahrräder auf den Straßen.
Die Art und Weise, wie ich es bekommen habe, war auch etwas Besonderes für mich; es wurde mir von Leuten empfohlen, die ich hier in den Niederlanden kennengelernt habe und die mir wichtig sind. Es ist nicht das neueste Modell, aber es hat einen hohen emotionalen Wert.
Fährst du mit dem Rad auch zur Arbeit?
Wenn ich hier in der Stadt unterwegs bin, fahre ich mit dem Fahrrad; wenn ich in eine andere Stadt muss, nehme ich den Zug.
Wenn ich in einer anderen Stadt bin, fahre ich dort manchmal mit den Stadträdern, die man hier an jeder Ecke mieten kann.
Was machst du beruflich?
Ich bin ein Datenanalyseberater, der sich auf positive soziale und ökologische Auswirkungen konzentriert. Als ich also von Subzeroes hörte und was ihr so macht, war ich natürlich mehr als glücklich, teilzunehmen.
Glaubst du, dass du mit dem Radfahren weitermachen wirst, auch wenn du in ein anderes Land ziehst, oder ist das nur eine niederländische Sache?
Ich würde auf jeden Fall nach einer entsprechenden Möglichkeit suchen, da ich mich jetzt wohler fühle, wenn ich das Fahrrad benutze.
Es ist jedoch auch wichtig, dass eine Stadt die Voraussetzungen dafür schafft, dass die Menschen das Fahrrad nutzen können, das heißt eigene Wege, Verkehrsregeln, Parkplätze und durchdachte städtische Räume, die es den Menschen ermöglichen, in angemessener Zeit – und vor allen Dingen sicher – mit dem Fahrrad zu pendeln.
Vielen Dank für das Gespräch, Fabrizio. Du gehst wieder arbeiten und wir fahren weiter zum Strand. Natürlich mit dem Fahrrad.
Natürlich, viel Spaß noch!