Feuer. Wehr. Mann. Heim.

Juni 9, 2024

„Schnell wie die Feuerwehr“ ist kein Zufall, sondern das Ergebnis von Fitness und Training. Zum Beispiel beim Arbeitsweg mit dem Fahrrad.

Ein Beitrag von

subzeroes Magazin – Mai 2024

Verrückte Welt: Die Mehrheit von uns versucht, 10 Stunden Stillsitzen im Büro nach Feierabend mühsam beim Joggen, im Fitti oder auf dem Fahrrad schwitzend wieder gut zu machen. Und dann gibt es Leute, bei denen der Arbeitstag so fordernd ist, dass die Heimfahrt auf dem Rad schon zur Erholung zählt.
Wir treffen uns mit Steffen von der Berufsfeuerwehr in Mannheim, der bei Wind und Wetter mit dem Rad pendelt und uns auf der Wache zeigt, warum das für ihn so wichtig ist.

Hallo Steffen, vielen Dank, dass du an deinem freien Tag mit uns redest. Das nenne ich Einsatz. Und das ist auch das Stichwort: Während der Arbeitszeit kann immer ein Einsatz dazwischenkommen und dann musst du los. Erzähl doch mal von deinem Job und warum sich alles darum dreht, für diese Einsätze topfit zu sein.
Ja, gerne. Also ich bin wie gesagt Feuerwehrmann bei der Berufsfeuerwehr in Mannheim. Jetzt schon seit ein paar Jahren und stehe kurz vor der Verbeamtung.

Top fit müssen wir sein, im Brandeinsatz müssen wir mehr als 20 kg an Gewicht auch in den achten Stock tragen können.

Traumjob seit Kindertagen?
Jein. Ich bin schon immer bei der Freiwilligen Feuerwehr hier bei uns im Dorf, habe aber erst was anderes gearbeitet, weil ich gar nicht dran gedacht habe, wie sehr mir das liegt und dass ich dafür in Frage komme. Das war dann der berühmte Zufall und die richtige Gelegenheit.

Da muss man neben den üblichen Kriterien auch eine richtig schwere körperliche Prüfung schaffen, richtig?
Oh ja, da habe ich für trainiert und war trotzdem hinterher fix und fertig.

Auch vor Aufregung?
Klar. War aber wirklich körperlich mega-anstrengend. Es ging zwar auch um Geschicklichkeit, aber hauptsächlich um Kraft und Ausdauer. Da habe ich ganz schön gekeucht.

Müssen Frauen dieselbe Prüfung wie die Männer absolvieren?
Ja klar. Klingt erstmal unfair, aber man muss dazusagen, dass bei uns Frauen und Männer zusammen im Einsatz sind. Und jeder muss jederzeit in der Lage sein, Personen aus Gefahrenzonen zu bringen. Also im Zweifelsfall auch bewusstlose Kameraden. Und so ein Feuerwehrmann in Schutzkleidung kann schon locker über hundert Kilo haben. Weil hier Sicherheit über alles geht, kann es dabei keine Ausnahmen geben.

Verstehe. Aber ein paar Frauen sind trotzdem hier. Wieviele Leute arbeiten denn hier auf der Wache?
Hier arbeiten acht Frauen und ca. 300 Männer.

Fangen wir doch mal beim Arbeitsweg an und dann kannst du uns mal durch einen typischen Arbeitag führen.
Gerne. Also zu Hause steige ich aufs Fahrrad und radel die 17 km nach Mannheim. Bei schönem Wetter geht’s am Neckar entlang und sonst nehme ich den schnellsten Weg.

Machst du das nur wegen der Fitness?
Hauptsächlich, weil es Spaß macht. Natürlich muss ich fit bleiben, dabei hilft es. Aber ihr werdet das nachher sehen: Mit dem Auto steht man viel im Stau, so dass ich meistens dieselbe Zeit brauchen würde. Und danach steht es 15–16 Stunden auf dem Parkplatz rum.

Wie startet denn ein typischer Arbeitstag?
Auf der Wache angekommen gehe ich erst mal duschen und ziehe danach meine Tagdienstkleidung an. Um 6.30 Uhr ist Schichtwechsel und um 6:55 Uhr ist Antreten an der Diensttafel. Dort wird der Plan für den Tag verlesen. Danach ist Fahrzeug-übernahme und Kurzausbildung bis ca. 8:30 Uhr.

Von 8:30 Uhr bis 9:00 Uhr ist Frühstück und danach nochmal Antreten, dabei werden dieses Mal die Aufgaben und Arbeitsdienste verteilt.

Um 12:00 Uhr bis 13:00 Uhr ist Mittagspause und danach nochmal Antreten und die Arbeit bis zum Feierabend um 15:30 Uhr wird verteilt. In der ganzen Zeit von 6:30 bis 15:30 Uhr sind wir aber auch jederzeit einsatzbereit.

Welche Schichten gibt es? Das wechselt für euch doch, oder?
Wir haben drei Schichten, Frühdienst von 6:30–15:30 Uhr, Nachtdienst von 15:30–6:30 Uhr und 24-Stunden-Dienst von 6:30–6:30 Uhr.

Und ihr wartet nicht einfach, bis es brennt, sondern habt hier auch zu tun?
Klar, die Arbeitszeit ist strukturiert und hat feste Inhalte.

Es gibt Aufgaben für die Arbeitsbereiche, Sicherheitsübungen und natürlich Dienstsport für die Fitness. Dafür haben wir zum Beispiel ein Fit-ness-Studio, eine Sporthalle mit allen möglichen Geräten, einem Basketball-Court und draußen einen Fußballplatz.

Das heißt, ihr erledigt in jeder Schicht ein Pflichtprogramm? Und in der Nachtschicht habt ihr aber irgendwann auch Ruhezeit?
Natürlich, dafür gibt es Aufenthaltsräume, Billardtisch, Fernsehraum und natürlich Zimmer zum Schlafen. Das sind jeweils Doppelzimmer. In der Nachtschicht ist ab 18:00 Uhr Bereitschaftszeit und im 24-Stunden-Dienst ab 13:00 Uhr.

Aber egal, was ihr tut: Bei Alarm lasst ihr alles stehen und liegen und es muss sehr schnell gehen.
Genau, das wird natürlich auch geübt und trainiert. In den Schlafzimmern geht automatisch das Licht an, es gibt Durchsagen und Alarmtöne. Die Wege sind jedem klar und alles liegt bereit. Jeder weiß, was zu tun ist, und ist innerhalb einer genau vorgegebenen Zeit abfahrts- und einsatzbereit.

Dafür gibt es hier die berühmten Stangen, an denen ihr herunterrutscht, wie man sie aus Filmen kennt.
Aber das ist auch die einzige Gemeinsamkeit mit Filmen. Wie ihr seht, ist hier alles durchdacht und genau organisiert. Alles passiert unter der Voraussetzung, maximale Geschwindigkeit unter höchster Sicherheit zu erreichen. Ruhig, konzentriert – aber schnell.

Was vielleicht nicht gleich auffällt, wir haben hier auf der Wache zwei strikt getrennte Bereiche: Schwarz und Weiß. In dem einen Bereich sind die frischen, sauberen, einsatzbereiten Sachen. Also Kleidung, Schuhe und so weiter. Nach dem Einsatz bleiben die draußen, werden gesäubert, desinfiziert, von eventuellen Rückständen gefährlicher Stoffe befreit. Dasselbe gilt für Geräte, z.B. die Schläuche, Atemgeräte und auch die Autos. Da kommt dann neben der Reinigung auch immer eine Funktionsprüfung dazu.

Deshalb so viele Leute: Neben den Feuerwehrleuten gibt es jede Menge Spezialisten, Techniker, Planer.
So sieht’s aus. Die Leute, die rausfahren, trainieren und üben dafür, dass sie fit sind, Techniker halten Geräte einsatzbereit, Planer koordinieren. Und dann natürlich noch Koch, Reinigungskräfte, Fahrer und so weiter. In der Einsatzzentrale greift alles ineinander und wird koordiniert und organisiert. Woran zum Beispiel wahrscheinlich niemand denkt beim Thema Feuerwehr: Für längere Einsätze wird Verpflegung zum Einsatzort geschafft, es gibt mobile Aufenthaltsräume und auch Kleidung zum Wechseln. Die Notwendigkeit für spezialisierte Teams muss erkannt und der Einsatz organisiert werden.  

Das sind Spezialteams, für gefährliche Stoffe zum Beispiel. Hast du auch so eine Spezialisierung?
Ich bin Taucher. Dann gibt es noch Höhenrettung, Strömungsretter, Leitstellendisponenten, das Feuerlöschboot, die Krangruppe und die ATF mit dem Gefahrstoffzug.

Und Taucher fandest du am besten?
Ja, ich bin schon immer in der DLRG, da war das einfach naheliegend. Hat natürlich nichts mit dem Schwimmen im Badesee zu tun. Und wir trainieren das auch ziemlich oft.

Okay, verstanden. Zurück zum Anfang: Mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren ist für dich also keine besonders große Belastung, wenn man sich den Arbeitsalltag so anschaut?
Nein, echt nicht. Ist aber tolles Cardio-Training und eine schöne Trennung von Beruf und Familie.

Danke für das Gespräch, Steffen.
Nichts zu danken, gerne.


Karriere bei der Feuerwehr klingt spannend?

Erste Infos gibt es auf den Websites der örtlichen Berufsfeuerwehren deutschlandweit. Für Mannheim z.B. hier: Feuerwehr Mannheim


Interview: Frank Krupka
Fotos: Andrea Krupka

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