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Fahr Rad!

Juni 3, 2024

Wie man schon auf dem Weg zur Arbeit an der Fitness arbeitet.

Ein Beitrag von

subzeroes Magazin – Mai 2024

Mit dem Fahrrad fahren Viele, gern bei sonnigem Wetter. Aber Fahrrad fahrend zur Arbeit? da werden es schon weniger. Zu viele Fragen kommen auf: Wo stelle ich es geschützt ab? Wo ziehe ich mich um? Und wenn ich einen Geschäftlichen Termin habe, wo kann ich mich davor duschen oder frisch machen? Welche Strecke ist sicher? Welche Kleidung brauche ich? Schon bei zwei der fünf Fragen würde ich zum Schlüssel greifen und aus „Bequemlichkeit“ das Auto nehmen. Ich weiß, dass ich damit nicht allein bin.

Manfred sieht das etwas anders. Für jede dieser Fragen hat er eine Lösung gefunden. Er fährt an ca. 230 Arbeitstagen im Jahr mit dem Rad zur Arbeit und auch wieder zurück – außer wenn es glatt ist oder eine Krankheit ansteht, dann nimmt er, was immer zur Verfügung steht: Odenwaldbahn, ÖPNV, Motorrad oder Auto. Das sind jeden Tag ca. 37 km, auch bei Schnee – „denn Schnee bedeutet nicht automatisch Glatteis“, so Manfred. Seine Motivation ist sein innerer Antrieb, seine Leidenschaft. Er verbindet damit sehr gut Privatleben (Training) und Job (Teamleader Health and Prevention). Einen weiteren Vorteil bietet der Sport am Morgen: Man startet ausgeglichener in den Tag. Mich hat das inspiriert, meine Alltagsgewohnheiten ein wenig zu überdenken.

Wie kommst du täglich zur Arbeit?
In 90-95 % der Fälle fahre ich mit dem Rennrad von Reinheim nach Darmstadt. Das sind pro Strecke 18,5 km, also 37 km pro Tag. Der Rückweg ist nach einem langen Tag oft anstrengender, aber da höre ich gerne Hörbücher oder Podcasts. Auf dem Weg zur Arbeit höre ich nichts, da gehe ich gedanklich meinen Tag schon mal durch, und in Bewegung kommen mir die besten Ideen.

Jeden Morgen 18 Kilometer
mit dem Fahrrad ins Büro fahren:
bester Start in den Arbeitstag.
Jeden Abend 18 Kilometer
mit dem Fahrrad nach Hause fahren:
bester Feierabend!

Warum machst du das bzw. wie kamst du dazu?
Vor knapp 20 Jahren habe ich entschieden, dass das Fußballspielen und jedes Wochenende exzessiv feiern nicht wirklich lange gut gehen kann, da habe ich Mitte der 2000er einfach angefangen zu joggen. Das wurden dann schnell Marathons und dann habe ich – mit meinem Wechsel zu Merck 2011 – noch den Weg in die Triathlon-Community gefunden und damit auch den Weg aufs Rennrad. Aber motiviert für Bewegung bin ich irgendwie schon immer – intrinsisch. Mittlerweile werde ich auch mal als die Inkarnation des schlechten Gewissens betitelt, aber auf der anderen Seite freue ich mich einfach, wenn sich andere durch mein Vorgehen inspiriert fühlen.

Mein inneres Kind freut sich, wenn ich nach der Arbeit nach Hause komme und ich weiß, dass ich an dem Tag Null Euro ausgegeben habe, weder für Fahrtkosten noch für anderes. Mein Essen nehme ich von zu Hause mit.

Ich mache das aber auch, weil ich es liebe, gesund und fit zu sein, und versuche alles, was ich für mich tue, in den Arbeitsalltag zu integrieren, um es nicht noch extra machen zu müssen, wenn ich nach der Arbeit nach Hause komme. Ich verbringe meine Me-Time auf dem Rad auf dem Weg nach Hause. Ich möchte die Energie für mich nutzen, um fit zu bleiben.

Welchen Sport betreibst du sonst?
Ich laufe gerne Marathon, mindestens einen pro Jahr, und nehme, wenn es möglich ist, auch mehrmals im Jahr an Triathlons teil, dafür nutze ich meinen Arbeitsweg als Training. Es ist immer eine Herausforderung, gegen sich selbst anzutreten und sich zu besiegen, das treibt mich an.

Wie wirkt sich der tägliche Arbeitsweg auf dem Rennrad auf deinen Job aus?
Es ist ein Ritual, morgens auf die Arbeit zu fahren, es wirkt sich durchaus positiv auf meinen Arbeitsalltag aus. Auf lange Sicht vermittelt mir der Sport, dass man auch mal leiden, ja einfach dranbleiben muss, um was auf die Beine zu stellen.

Thema Equipment – worauf achtest du?
Lass mich kurz überlegen, das eine ist das Rad an und für sich, das andere ist die Kleidung.

Mein aktuelles Rad habe ich gebraucht gekauft und das war mit ca. 800 Euro nicht allzu teuer. Wobei es mir auch nicht auf den Rahmen ankommt, sondern viel wichtiger ist mir bei meinem Alltags-Rennrad die Schaltung. Da achte ich darauf, dass es eine Shimano Ultegra Schaltung ist, die ist leichtgängig und mit der hat man Spaß. Eine gute Beleuchtung ist essentiell – ich fahre übrigens immer mit Licht. Meine Empfehlung sind Stecklichter mit einer festen Halterung am Rahmen. Hat man Lichter mit einem Gummiverschluss, kann dieser auch mal reißen oder wird auf die Dauer einfach spröde. Also, bei Bedarf klickt man die Lichter einfach rein oder nimmt sie ab und man kann sie auch meist bequem über USB aufladen.

Zur Arbeit fahre ich mit Sneakern, an denen man Schuhplatten mit SPD-Norm montieren kann. Das ist das gängige MTB-Pedalsystem. Damit kann ich auch bequem von A nach B laufen oder direkt in einen Termin springen. Ich fahre immer mit Helm und ab Frühling dann auch immer mit Brille, weil man schnell kleine Tiere ins Gesicht bekommt. Die Brille auch gerne mit Schlitzen zwischen Brille und Rahmen, sodass der Fahrtwind am Auge besser weggeleitet wird. Für mich als Kontaktlinsenträger ist das besser, sonst werden meine Augen so schnell trocken.

Bei der Kleidung kommt es mir darauf an, dass sie hochwertig und langlebig ist. Ich habe gute Erfahrungen mit Vaude und Craft gemacht, aber auch Skinfit trage ich gerne, das ist unglaublich gutes Material, richte mich aber sonst weniger nach Marken. Generell schaue ich, was im Angebot ist. Und ich fahre immer mit einem Buff (Anm. d. Red.: Schlauchschal), um den Hals zu schützen. Ab 10°C Außentemperatur trage ich auch Handschuhe, bei -5°C auch gern zwei Paar Handschuhe, aber ein Patentrezept habe ich da noch nicht gefunden. Meine Erfahrung ist aber, sich lieber zu kalt anziehen auf dem Rad: Warm wird einem beim Fahren. Bei kaltem Wetter trage ich auch noch Schuhüberzieher, da bleiben die Füße warm.

Zum Transportieren von Laptop, Essen und evtl. benötigter Wechselkleidung fahre ich immer mit Rucksack, auch um das Rad zu schonen. Wenn ich alles auf einen Gepäckträger packen würde, belaste ich die Felge zu sehr. Auch hier habe ich keine Marke, aber ich schaue, dass der Rucksack aus 100 % wasserdichter Segelplane besteht und drinnen alles trocken bleibt. Platz für Sportkleidung habe ich auch noch, falls ich mal in der Mittagspause in den Kraftraum gehen möchte.

Wie sicherst du dein Rad gegen Diebstahl?
Mir wurden leider schon drei Räder geklaut, deswegen kaufe ich keine Highend-Rennräder für den Alltag. An der Arbeit kann ich mein Rad in eine extra gesicherte Fahrradbox sperren, die man nur mit dem Mitarbeiterausweis öffnen kann. Und zu Hause kommt es in den abgeschlossenen Schuppen.

Welche Wartungskosten hast du pro Jahr?
Das dürften weniger als € 100,- pro Jahr sein.

Ich mache viel selbst, habe auch keine extra Werkstatt der Wahl. Der Kettenreiniger und das Schmieröl sind nachhaltig und umweltfreundlich und wenn man vor allem Schaltgetriebe und Kette pflegt und putzt, hat man selten Probleme. Da ich kaum platte Reifen habe, muss ich nur alle zwei bis drei Jahre den Mantel mal tauschen.

Wenn man die Kosten mal gegenrechnet mit den Kosten, die ein Auto verursacht, da bin ich wirklich erschrocken. Wenn man alles zusammennimmt wie z.B. Versicherung, Inspektion, Sprit, ADAC, dann komme ich auf ca. 28 Cent pro Kilometer, die mich unser Auto pro Fahrt kostet (eigene Quelle). Da kann sich jeder ausrechnen, was eine Fahrt wirklich kostet und wie viel man sparen kann, wenn man das Rad nimmt.

Wie unterstützt dich dein Arbeitgeber?
Mein Arbeitgeber stellt Duschen und Umkleiden zur Verfügung, da kann ich mich frisch machen. Man braucht schon ein gewisses Grundsetting, kann nicht voll geschwitzt an die Arbeit kommen, da muss man sich schon frisch machen können.

Da ich flexibel arbeiten kann, habe ich zeitlich etwas Spielraum. Und ob ich jetzt um 8:30 oder 9:30 Uhr komme, das entscheidet am Ende mein Terminkalender. Ich überblicke meinen Terminkalender und kann das dann relativ gut einschätzen, wie ich den Arbeitsweg antrete.

Wie lange brauchst du für deinen Arbeitsweg?
Mit dem Rad brauche ich ca. 40–45 Minuten, aber das braucht man mit dem Auto ja auch. Gehe ich noch duschen, dann rechne ich noch mal 10–15 Minuten drauf.

Was trinkst du beim Radfahren?
Auf der Kurzstrecke ist das eigentlich nicht nötig, aber wenn, dann eigentlich nur normales Leitungswasser. Bei langen Strecken auch schon mal ein Gel. Aber eigentlich reicht auf den meisten meiner Strecken Leitungswasser.

Was würdest du uns an Tipps noch mit auf den Weg geben, an was man vielleicht nicht unbedingt als allererstes denkt?

Also ich kann nur empfehlen, dass wenn man eine Hausrat-Versicherung hat, dann auf jeden Fall das Fahrrad darüber mitversichern lassen. Dann ist der Schmerz nicht so hoch, wenn es dann doch mal gestohlen wird.


Empfehlungen

Vaude
Craft
Shimano
Skinfit
Buff


Was sind deine K.-o.-Kriterien, das heißt, wann fährst du nicht mit dem Rad?
Ganz klar: bei Glatteis. Schnee bedeutet noch lange kein Glatteis, das hält mich nicht ab.

Bin ich erkältet, dann fahre ich auch nicht. Aber so insgesamt sind das vielleicht 5–7 Tage im Jahr, an denen ich das Fahrrad stehen lasse.

Was sind deine Empfehlungen für Leute, die bald starten möchten, Sport in ihr Leben zu integrieren und sich für Fahrräder interessieren?
Man braucht definitiv kein Highend-Rad, es muss nur gut und leichtläufig sein. Auch nichts Auffälliges, kein Blickfang, sonst ist es nach drei Tagen weg. Man kann auch eine Strecke mit dem Rad absolvieren und den Rückweg mit der Bahn.

Und man sollte seine Grundfitness kennen und sich langsam rantasten. Viele steigern leider zu schnell das Pensum.

Hast du eine Lieblings-Fahrrad-Jahreszeit?
Ach, eigentlich muss es nur trocken sein.

Wenn Frühling ist, ist es eigentlich schön. Heuschupfen habe ich zum Glück nicht.

Hast du Verbesserungsmöglichkeiten für deine tägliche  Strecke?
Eigentlich ist die Strecke vom vorderen Odenwald bis nach Darmstadt ganz gut ausgebaut. Tolle Radwege. Ich fühl mich auch sicher.

In der Stadt fahre ich immer passiver und schaue in jedes Auto rein. Stehen alle im Stau, dann überhole ich in der Mitte, da sieht man mich auch gut und ich muss nur schauen, dass mein Bremsweg etwas länger ist und da muss man einfach aufpassen.

Lieber Manfred, vielen Dank für das nette Gespräch. Wir wünschen noch viel Spaß auf allen Wegen – ob zur Arbeit oder in der Freizeit!
Danke, immer gerne.

Interview: Nina Günther, Svenja Lenz,
Fotos: Andrea Krupka

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