Bevor ich mich auf den Weg zu meiner ersten Pilzlehrwanderung machte, hab ich schon im Garten einen Grünspecht entdeckt. Für mich war das ein gutes Omen – Mutter Natur will mich heute happy machen, dachte ich. Perfekte Voraussetzungen für einen Vormittag, von dem ich mir viel Input und viel Funghi erhofft habe.
Also ging es – super stylo mit Wanderschuhen, Regenjacke und einem Korb unbekannter Herkunft – in den Rodgauer Stadtwald, wo sich eine kleine Gruppe Neugieriger mit dem Mykologen und Pilzsachverständigen Harald Sattler verabredet hatte. Für viele war es nicht die erste Tour, und ich verstand schnell, warum: Offenbar reicht eine einzige Lehrwanderung von knapp drei Stunden kaum aus, um die geschätzt 14.000 Pilzarten in Deutschland kennenzulernen.
Ein Crashkurs in Sachen Mykologie
Bevor es losging, lauschten wir erst einmal gebannt den einführenden Worten von Harald. Er erklärte mit einer Mischung aus Leidenschaft und trockenem Humor, wie man Speisepilze und ihre giftigen Doppelgänger sicher unterscheiden kann, worauf man beim Sammeln achten sollte und wie man Pilze am besten erntet, ohne das empfindliche Myzel zu beschädigen. Es war wirklich beeindruckend, wie viel Harald über sein Fachgebiet weiß.
Vor allem zwei Dinge haben sich schon während dieser Einführung in mein Gehirn gebrannt:
- Röhrlinge heißen Röhrlinge, weil sie keine Lamellen haben, sondern kleine Röhren.
- In Hessen gibt es aktuell keine giftigen Röhrlinge.
Mein Entschluss stand fest: Ich sammle nur Pilze mit Röhren. Röhrlinge sind super. Röhrlinge sind eine sichere Nummer. Röhrlinge bringen mich nicht um – und verhindern hoffentlich, dass Harald jemals meinen Mageninhalt untersuchen muss, um herauszufinden, welcher fiese Pilz mir das angetan hat! (Ja, das kommt tatsächlich vor, wenn jemand eine Pilzvergiftung hat).
Mitten im Leben – ohne RTL
Nun aber rein in den Wald. Das Licht fiel weich durch die Bäume, das Laub roch nach Herbst, und überall bewegte sich etwas. Ich sah zwei Frösche, eine kleine Maus und unzählige Käfer und andere Kriechtiere, die geschäftig durchs Unterholz krabbelten. So viel Leben, das man sonst gar nicht bemerkt!
Verlässt man mal die angelegten Wege und bewegt sich ein Stückchen tiefer in den Wald, entdeckt man also zwischen Moos und Baumstämmen nicht nur tierische Freunde, sondern auch ein verborgenes Universum: die Welt der Pilze. Von winzigen Trompetenpfifferlingen bis zu den coolen Riesenschirmlingen mit beweglichem Ring am Fuß – plötzlich waren sie überall. Es fühlte sich fast so an, als hätte ich eine unsichtbare Ebene der Natur freigeschaltet, die ich vorher einfach ausgeblendet hab.

Pilze bestimmen lernen – mit allen Sinnen
Während wir suchend durch den Wald streiften, merkte ich, wie sich mein Blick veränderte. Ich achte plötzlich auf feine Farbunterschiede, auf Strukturen, auf den Geruch meiner Umgebung. Je länger ich im Wald unterwegs war, desto ruhiger wurde es in mir. Kein Handydisplay, keine E-Mails – nur das Knistern der Blätter, das Zwitschern der Vögel und mein imaginärer Pilzradar, der mich zum nächsten Objekt der Begierde leiten sollte. Diese Pilzwanderung war kein Wettlauf um den größten Fund, sondern ein Lehrgang im achtsamen Beobachten – und darin, wieder Teil der Natur zu sein und die kleinen Dinge zu bemerken.
Mein Fazit: Mutter Natur hat bei der Pilzlehrwanderung abgeliefert
Raus aus dem Alltag, rein in die Natur. Was ich dabei erlebt habe, war ein kleiner Perspektivwechsel. Ich habe gelernt, wie erfüllend es ist, Neues zu lernen, ohne Leistungsdruck, einfach aus Neugier. Kein Ziel, keine To-do-Liste, kein Wettbewerb – nur ich, der Wald und eine Handvoll Pilze, die mich hoffentlich nicht das Leben kosten.
Und dann waren da noch die Begegnungen – mit Menschen, die dieselbe Neugier teilen. Wir haben uns gegenseitig Pilzfunde gezeigt, gestaunt, gelacht, gefachsimpelt. Aus einer zufälligen Gruppe Fremder wurde ein kleiner Kreis von Entdecker*innen. Vielleicht ist das die schönste Nebenwirkung solcher Erlebnisse: Sie verbinden – nicht nur mit der Natur, sondern auch miteinander. Dass ich da mit lauter Fremden im Wald unterwegs war und jede*r davon ein Messer dabei hatte, hab ich schnell vergessen. Vielleicht ist das die schönste Nebenwirkung solcher Erlebnisse: Sie verbinden – nicht nur mit der Natur, sondern auch miteinander.
Am Ende des Tages bin ich mit einem Kopf voller neuer Erkenntnisse, einem Herz voller Glück und ein paar Pilzen im Korb nach Hause gegangen. Die Pilzlehrwanderung hat mir gezeigt, wie gut es tut, sich einfach treiben zu lassen, Unbekanntes auszuprobieren und Zeit im Grünen zu verbringen. Und, dass man das Staunen ruhig öfter üben sollte – auch jenseits des Waldes.
Denn letztlich ist jeder Spaziergang, jedes Innehalten, jedes neugierige Hinschauen ein kleiner Akt von Selbstfürsorge. Und vielleicht auch ein stiller Beitrag zum Naturschutz.
Wie Heinz Sielmann sagte: „Nur wer die Natur kennt, wird sie schützen.“
Ich würde ergänzen: Nur wer sie erlebt, wird sie lieben.
Wer selbst Lust bekommen hat, in diese faszinierende Welt der Pilze einzutauchen, findet auf fungiversum.de alles, was man braucht: Informationen über Pilzlehrgänge und Pilzwanderungen, Tipps zum Pilze bestimmen lernen und viele spannende Einblicke in die Mykologie und den Naturschutz.
Chrissy