Schaut man sich das Instagram-Profil von Jan Regenfuss an, sieht man ihn immer inmitten der Natur.
Mal allein, mal mit anderen Sportlern. Im Schnee, in Ausrüstung, mal ohne, wandernd, auf Skiern, kletternd an irgendeiner Felswand hängend – aber immer glücklich und zufrieden.
Über die Grenzen Europas ist er unterwegs und macht die Natur respektvoll unsicher. Das „running“ hat es ihm angetan, schon seit der Jugend ist der Mann am Rennen. Erst waren es „nur“ Läufe, dann kam der Triathlon hinzu. Später Ultraläufe. Von La Réunion über die österreichischen Alpen bis hin zum Taunus ist er unterwegs.
Wir durften den sympathischen Familienvater im Wald an der Burg Frankenstein treffen, bei Sonnenuntergang und sommerlichen Temperaturen. Er hat uns seine Home Trailrunning-Strecke gezeigt und uns dabei eine Menge Fragen beantwortet.

Vom Badminton zum Trailrunning
Wie kamst du zum Trailrunning und wann wurde es mehr als ein Freizeitsport?
Als Teenager habe ich Badminton gespielt und wir haben Laufpläne von den Trainern bekommen, um uns zu verbessern.
Ich habe dann gemerkt, dass mir das Lauftraining mehr Spaß macht als das eigentliche Badminton-Training. Es gibt ja hier in der Umgebung eine Menge Ortskernläufe mit 5 km oder 10 km Distanz. Da war ich richtig gut unterwegs und konnte dank des Intervall-Trainings vom Badminton super mithalten. Klar, zu den richtig guten Jungs, die nur gelaufen sind, hat immer noch ein bisschen was gefehlt, aber es hat mir unheimlich Spaß gemacht.
Ein Kumpel von mir – das muss so kurz vor der Oberstufe gewesen sein – der ist Triathlon gelaufen und hat mich dann mal mitgeschleppt. Ich wusste, ich kann laufen, schwimmen ging auch und Fahrradfahren kam da noch hinzu. Das hat insgesamt ganz gut geklappt.
Zu der Zeit – das war 2000 – waren auch noch die Olympischen Spiele in Sydney, das war abgefahren und hat mich fasziniert. In der Bravo Sport damals hat man dann Berichte vom Triathlon gesehen und konnte das gar nicht glauben, dass man so was leisten kann. 180 Kilometer Radfahren, vorher das Schwimmen und dann noch Marathon. Da hab ich nur gedacht: Wow, wie krass.
Als ich mit Triathlon angefangen habe, war das noch ein Randsport, mit maximal 2000 Leuten, die das betrieben haben. Mittlerweile macht das gefühlt fast jeder und viele scheinbar auch nur, um sich zu profilieren und um darüber sprechen zu können. Der Sport hat sich sehr verändert und ist nicht mehr meine Welt.
Außerdem habe ich beim Triathlon am Schluss das Laufen gehasst. Da ging es nur noch um Puls, Uhr und Geschwindigkeit. Du überlegst, welchen Schuh du brauchst, dann rennst du zum Orthopäden … alles Quatsch.
Aus Zufall hab ich Trailrunning für mich entdeckt. Da konnte ich wieder mehr bei mir sein und bin wieder nur für mich unterwegs. Jeder Lauf war anders und ich habe wieder ein besseres Körpergefühl entwickelt.
Früher hab ich immer Earbuds genutzt, aber seit ich Trail laufe, höre ich keine Musik mehr. Man konzentriert sich viel mehr und das hilft tatsächlich auch dem Kopf. Das extreme Gegenteil von Multitasking – was wir heutzutage viel zu oft machen.
Mit dem Trailrunning kam auch das Ende der starren Trainingspläne. Ich laufe jetzt meistens einfach los, erkunde die Gegend, sehe mehr von der Welt. Laufe, solang ich Spaß habe. Wobei, da bin ich jetzt froh, dass ich die Garmin hab: Ich bin nämlich ziemlich schlecht im Orientieren. Ich sage immer: „Ich habe deshalb so viele Trainingskilometer in meinem Leben geschafft, weil ich mich so oft verlaufen habe.“
Wie motivierst du dich?
Früher war es für mich eine Möglichkeit, Energie loszuwerden. Ich bin mit drei Schwestern in einer kleinen Wohnung aufgewachsen. Da gab es viele Reibungspunkte.
Der Sport war für mich damals ein Ausweg und eine Möglichkeit, um rauszukommen, frei zu atmen. Ich hatte die Möglichkeit, jeden Abend zu trainieren. Wenn ich kein Schwimmtraining hatte, dann bin ich gelaufen oder Fahrrad gefahren. Da hat der Triathlon einiges geholfen. Tagsüber wusste ich dann, abends konnte ich mich wieder aufs Rad setzen und hab mich schon darauf gefreut.
Das hat sich ein wenig gewandelt. Heute hole ich mir meine Energie durch den Sport. Mir passiert es auch, dass ich so viel trainiert habe, dass nichts mehr geht. Dann liege ich halt mal im Bett und bin einfach müde. Aber genau daraus ziehe ich dann ja wieder die Energie. Wenn ich weiß, ich habe hart trainiert und muss mich einfach erholen, aber weiß genau, es geht danach wieder bergauf und es geht wieder weiter.
Tipps für Einsteiger ins Trailrunning
Was möchtest du anderen mit auf den Weg geben, die vielleicht erst anfangen wollen, Sport zu machen?
Was ich jedem sagen kann, egal ob Anfänger oder Fortgeschrittenen: Du musst einfach laufen. Einfach erstmal loslaufen.
Bei mir persönlich ist eher der Punkt: lauf lieber Trail, das macht viel mehr Spaß und ist abwechslungsreicher. Lauf nicht auf der Straße, sondern geh auf eine Trail-strecke im Wald.
Und: Es muss von der Person selbst kommen, aus innerer Überzeugung. Nur dann kann ich auch
als Trainer unterstützen. Ist das nicht gegeben, dann kann ich da auch nicht viel machen.

Was ist dein Antrieb?
Ich mache weniger Wettkämpfe, Weltmeister werde ich sowie nicht mehr, aber das muss ich ja auch nicht. Aber ich habe einfach richtig Bock, mich zu bewegen. Wettkämpfe legen meist nur offen, was du noch trainieren musst, wo deine Defizite sind. Beim Trailrunning geht’s um viel mehr als nur darum, sich zu bewegen.
Es ist körperlicher und mentaler Ausgleich und ein absolutes Muss.
Was war dein Highlight in der Vergangenheit?
Der Umstieg vom Laufen auf Triathlon und dann weiter auf Trail. Das war ein Prozess.
Laufen liegt mir zwar, aber Radfahren ging besser und als Schwimmer war ich richtig gut. Deshalb war Triathlon eine coole Sache von 2000 bis 2015. Richtig auf Bundesliga-Niveau. Immer mal mehr, mal weniger, aber mit dem Studium ist dann einfach auch der Fokus leicht verschoben worden. Aber ich bin dabeigeblieben, habe viel ehrenamtlich Jugendarbeit gemacht, zum Beispiel ein komplettes Kinder- und Jugendtraining geleitet.
Als ich dann zum Trailrunning kam, war das die Erlösung. Du bist voll konzentriert dabei, kannst dir keine Ablenkung leisten.
Ich habe jetzt viel mehr davon, mache das nur noch für mich. Nicht für die Uhr oder jemand anderen, sondern für mich.
Was sind für dich Hürden und wie bewältigst du sie?
Ganz klar der Alltag. Länger arbeiten, als man eigentlich möchte, Kinder krank: Das sind so die Hürden des Alltags, die man bewältigen muss.
Ich merke, dass es mir psychisch und körperlich nicht gut geht, wenn ich nicht laufe.
Ich bin ein großer Kerl, der sich bewegen muss. Ich merke einfach, wenn ich lange beruflich tätig bin, wenn ich lange sitze, zum Beispiel bei langen Autofahrten, dass mir der Rücken weh tut und die Muskeln sich verspannen. Da brauche ich dann zwei bis drei Lauf-Einheiten, da gehen dann die Muskeln auf und dann geht’s wieder.
Beim Laufen selbst ist es so, dass ich vor ein paar Wochen den Stubai-Ultra gemacht habe und ich mich über mich selbst geärgert habe. Ich bin, meiner Meinung nach, ein guter Bergabläufer, bin schnell aber dort konnte ich es nicht abrufen. Da muss man schnell reagieren können und das habe ich nicht gepackt. Das hat mich total frustriert.
Mir hat das Training gefehlt. Man ist eh müde, weil man nachts um 1 Uhr startet und dann läuft man durch. Das habe ich einfach zu wenig trainiert, das hat mir gefehlt. Ich hätte noch zwei bis drei längere Läufe gebraucht, die mindestes 30 km und mehr hätten sein müssen. Hätte ich anders priorisieren müssen.
Aber aus so einer Sache nehme ich dann für mich mit, dass ich halt jetzt erst mal schwerpunktmäßig bergab laufe und auch längere Läufe wieder trainiere.
Wenn ich dann ins Gelände gehe, dann bau ich mir mit Absicht steilere Stellen mit ein in meinen 15 Kilometer-Lauf und trainiere bewusst schnelles Reagieren.
Wie integrierst du den Sport in deinen Alltag?
Im Bürojob – ich bin Sicherheitsingenieur (HSE-Manager) – bin ich schon viel mit Kollegen im Austausch und sitze zwar nicht nur, bewege mich aber doch zu wenig.
Wenn ich es abends dann schaffe, noch mal für eine Stunde laufen zu gehen, dann kann ich besser schlafen, ich weiß, dem Rücken geht es gut und mir geht es dann auch einfach gut.
Ich habe auch das Glück, eine Partnerin zu haben, die weiß, wie wichtig mir der Sport ist und wie wichtig er für uns ist. Wir müssen uns auch im größten Stress gegenseitig Zeit einräumen, um Sport zu machen, dann geht es uns gut. Egal ob es Klettern, Laufen oder Yoga ist. Ohne Sport gehen wir ein.
Woran orientierst du dich?
Wenn du besser werden willst, dann umgib dich mit Leuten, von denen du lernen kannst, denn nur so kommt man weiter. Ich habe schnell gemerkt, dass mein Körper in der Lage ist, viel zu leisten. Ich habe nie die Motivation gehabt, ich muss der Beste sein, sondern immer gedacht: Mein Körper ist in der Lage, sich permanent zu verbessern, und das ist der Status, den ich immer noch so sehe.
Was gibst du deinen Kindern weiter?
Wir finden es toll, dass die Kids sehen, dass wir Sport machen, weil es uns guttut und uns Spaß bereitet. Wir gehen auch zusammen zu Wettkämpfen am Wochenende, die Kinder sind immer mit dabei.
Wir glauben, generell musst du alles vorleben. Ich lese zum Beispiel ziemlich viel. Ich setze mich also auf die Couch, mache das Licht an und lese dann. Und die Kinder kommen zu mir mit ihrem eigenen Buch und lesen mit. Wenn ich den Fernseher anmachen würde, würden sie natürlich in den Fernseher schauen. Genauso hoffen wir, Spaß an Bewegung zu vermitteln: durch Vorleben. Hoffentlich leben wir den Kindern auch die richtige Balance vor. Sie sollen ja Spaß haben und sich nicht gedrängt fühlen, Bewegung nicht als Pflicht ansehen.
Ich wollte mich als Kind bewegen und das sehen wir bei unseren Kindern auch.
Was wir bei unseren Kindern auch merken, ist, dass wenn sie sich nicht ausreichend bewegt haben, sie einfach nicht sie selbst sind. Bewegung hilft ihnen, sie sind einfach ausgeglichener und schlafen besser und haben auch richtig Hunger.
Ein Tipp für jeden Trainrunning-Starter:
Was ich tatsächlich liebe und jedem empfehlen kann: Nehmt überallhin Sportkleidung mit und geht morgens um 6 Uhr laufen, egal, wo ihr seid. So kann man zum Beispiel toll Großstädte und Urlaubsgegenden erkunden.
Das muss man gar nicht als Training sehen, aber man sieht so viel und morgens ist noch alles recht verschlafen. So habe ich bei meiner Schwester in Amsterdam die Stadt entdeckt. Also klare Empfehlung meinerseits.
Jan, vielen Dank für das Gespräch!
Gerne!
Jan ist im Deutschen Alpenverein in Darmstadt aktiv und Mitorganisator des Frankensteinlaufs. Weitere Infos auf der Website: www.darmstadt-trails.de