Googelt man Offenbach, findet man an den meisten Tagen vor allem dramatische Schlagzeilen für Nachrichten, die alles andere als gut sind. Friedrich Merz spricht vom „Stadtbild-Problem“, Boulevardmedien berichten über No-go-Areas. Aber scrollt man ein bisschen – oder wagt gar einen Ausflug in die kleine Schwesterstadt von Frankfurt – wird man positiv überrascht. Das beweist nicht nur unsere eigene Erfahrung, sondern auch eine Reportage aus der FAZ, bei der Wibke Becker eine Nacht im sogenannten „Angstraum“ Offenbach verbringt.
Das Ziel ihrer Arbeit: Die Männer finden, von denen immer die Rede ist. Die, vor denen angeblich „viele Frauen Angst haben“. Das Ergebnis? Ernüchternd – im besten Sinne. Denn die Autorin findet keine Bedrohung. Sie findet: Menschen mit Jobs. Jugendliche mit Träumen. Respektvolle Gespräche. Und eine Stadt, die mit einer anderen Realität glänzt, als ihr Ruf vermuten lässt.
Denn Offenbach hat viel mehr zu bieten, als man denkt. Die Stadt steckt voller Geschichten, Herz und Möglichkeiten. Es ist ein Ort, der nicht jedem gefallen kann und nicht jedem gefallen will – und gerade deshalb so liebenswert ist.
Viele der jungen Männer, denen Wibke Becker begegnet, arbeiten hart. Nachts werden Zeitungen ausgetragen, tagsüber wird Essen geliefert. Manche wohnen zu viert in einem Zimmer und sparen für die Zukunft. Andere rappen, träumen vom Durchbruch, sprechen von Respekt und Gerechtigkeit.
Was sich scheinbar durch die ganze Nacht voller Gespräche zieht? Eine Höflichkeit, wie man sie in so manchem Szeneviertel vergeblich sucht. Aber natürlich gibt es auch rauere Töne. Es gibt Jungs, die sich größer machen als sie sind. Die in einem Parkhaus zwischen Graffiti und Drogenpreisen posieren und vom „Baba-Leben“ träumen. Aber selbst dort begegnet der Journalistin kein Hass und keine Gewalt, sondern Stolz, Neugier, sogar Fürsorge. Als eine Zigarette an einen Jugendlichen verteilt wird, schaltet sich prompt ein Mann ein: „Das sind immer noch Kinder!“ – und nimmt sie wieder mit.
Sicher gibt es in Offenbach auch Ecken, in denen man nachts lieber nicht allein unterwegs ist. Aber die gibt es in jeder Stadt. Was vielleicht überraschend ist: Offenbach ist laut polizeilicher Kriminalstatistik die sicherste Großstadt Hessens. Wer hier also Angst hat, hat meist keine eigenen Erfahrungen gemacht, sondern einfach nur die falschen Nachrichten gelesen.
Offenbach ist vieles, aber sicher kein Ort, der Angst schüren sollte. Es ist ein Ort der Bewegung, des Wandels, der Vielfalt. Und manchmal eben auch des Widerstands – gegen Schubladendenken, gegen Stigmatisierung, gegen einfache Erklärungen.

Falls der Beitrag der FAZ und die bis hierher hoffentlich aufmerksam gelesenen Zeilen noch nicht ausreichen, kommen hier …
10+1 Gründe, Offenbach eine Chance zu geben:
- Weil du am Wilhelmsplatz frühstücken kannst wie in Paris.
Zwischen Marktständen, Cafés und Kastanienbäumen findest du hier das perfekte Gleichgewicht aus südländischer Lässigkeit und hessischem Herz. - Weil du im Hafenviertel Streetart, Start-ups und Mainblick auf einem Spaziergang bekommst.
Offenbachs „neue Seite“ liegt zwischen altem Industriehafen und urbanem Zukunftsquartier. Unbedingt den Blauen Kran anschauen: ein Symbol für Wandel und Moderne. - Weil das Deutsche Ledermuseum viel mehr ist als ein Ort über Schuhe.
Mode, Handwerk und Globalgeschichte auf drei Etagen mitten in der Innenstadt. Ein must-see für Designfans und Menschen mit Sinn fürs Besondere. - Weil du im Klingspor-Museum lernst, warum Buchstaben nicht langweilig sind.
Typografie trifft Popkultur trifft Kunstgeschichte. Dazu wechselnde Ausstellungen, Lesungen und kreative Workshops. - Weil nicht die Menschen das Stadtbild stören – sondern Betonklötze am Kaiserleikreisel.
Die sogenannten „Probleme im Stadtbild“ sind eher die leerstehenden, mehrstöckigen und entkernten KWU-Denkmäler am Kaiserlei. - Weil der „Waggon am Kulturgleis“ die coolste Location im Rhein-Main-Gebiet ist.
Direkt am Mainufer gibt’s in einem alten Bahnwaggon Konzerte, Lesungen, DJ-Sets und Lagerfeuerstimmung. Ein bisschen Berlin, ein bisschen Punk, ganz viel Offenbach. - Weil du dir sicher sein kannst, dass Leute mit OF-Kennzeichen Autofahren können.
Kurven, Kreisverkehre, Maybachs, Baustellen, spontane Fußgängerüberquerungen – wer hier groß wird, kann Auto fahren. Punkt. - Weil du in Offenbach auf kulinarische Weltreise gehen kannst.
Ob belgisches Bier im „Le Belge“, syrische Süßspeisen bei „Damascus“ oder ein Abendessen bei „Fleischeslust“ – hier entstehen Geschmackserlebnisse zwischen Migration, Handwerk und Gastfreundschaft. - Weil du vom Büsing-Park in fünf Minuten in der Innenstadt und in zehn Minuten im Grünen bist.
Offenbach ist eine Stadt der kurzen Wege und damit perfekt für alle, die urban leben wollen, ohne ständig in der S-Bahn zu hängen. - Weil das Capitol Theater nicht nur schön ist, sondern auch was kann.
Ob Theater, Konzerte oder Comedy: Das denkmalgeschützte Gebäude ist Kulturort mit Geschichte und Zukunft. Und innen fast noch schöner als außen. - Weil man hier ganz einfach willkommen ist.
Hier zählt nicht, woher du kommst – sondern wer du bist und was du machst. Vielfalt wird hier nicht nur geduldet, sondern gelebt.
Na gut, Offenbach ist nicht perfekt.
Aber Offenbach ist echt. Offenbach ist laut, direkt, widersprüchlich und dabei voller Leben, Ideen und Geschichten. Es ist eine Stadt, die nicht darauf wartet, von außen definiert zu werden. Sie erzählt ihre eigenen Narrative – auf dem Wochenmarkt, im Parkhaus, im Museum, am Tresen.
Wer Offenbach nur durch die Schlagzeilen sieht, bekommt die volle Ladung Klischees. Wer hinfährt, kriegt die Wahrheit – und vielleicht sogar Bock, hier mehr Zeit zu verbringen.




